Zwischen Schlagzeilen und Burnout: Die Realität des journalistischen Alltags

Foto von Markus Winkler auf Unsplash

Der Journalismus ist ein Beruf, der von Leidenschaft und Hingabe lebt. Doch hinter der glänzenden Fassade verbirgt sich oft eine bittere Realität: Immer mehr Journalist:innen leiden unter dem enormen Druck, den ständigen Veränderungen und der gewaltigen Verantwortung, die auf ihren Schultern lastet. Eine aktuelle Studie der Otto-Brenner-Stiftung zeigt, dass rund 70 Prozent der befragten Journalist:innen ihre Arbeit mit zunehmender Digitalisierung als belastender empfinden. Doch was steckt hinter diesen alarmierenden Zahlen? Wir haben uns auf Spurensuche begeben.

Digitaler Wandel als zweischneidiges Schwert

Die Digitalisierung hat die Medienlandschaft in den letzten Jahren von Grund auf verändert. Neue Technologien und Plattformen eröffnen faszinierende Möglichkeiten, bringen aber auch neue Herausforderungen mit sich. Verlage und Redaktionen müssen in immer kürzerer Zeit mehr Inhalte produzieren, oft für mehrere Kanäle gleichzeitig. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen, ständige Erreichbarkeit ist zur Norm geworden. "Ein Sekunden-Update nach großen Ereignissen ist schwer vereinbar mit dem Re-Check", bemängelt ein Online-Journalist in der Studie.

Wenn Qualität auf der Strecke bleibt

Der wachsende Zeitdruck und die Arbeitsverdichtung gehen oft zu Lasten der journalistischen Sorgfalt. Fast die Hälfte der Befragten beklagt einen Qualitätsverlust ihrer Arbeit. Gründliche Recherche, Einordnung und Analyse bleiben auf der Strecke, wenn der Wettlauf um Klicks und Reichweite regiert.

Die schönsten Ideen, sagt man bei uns im Haus, sterben an der Kasse.
— Print-Redakteur

Ein fataler Trend, der nicht nur die Glaubwürdigkeit der Medien untergräbt, sondern auch am Selbstverständnis vieler Journalist:innen nagt.

Vertrauenskrise und Anfeindungen

Doch nicht nur innerhalb der Redaktionen wachsen die Spannungen. Auch das Verhältnis zum Publikum hat sich gewandelt. 95 Prozent der Interviewten bedauern das sinkende Vertrauen in die Medien. Hasskommentare, Bedrohungen und sogar tätliche Angriffe gehören für viele zum Alltag. Laut einer Umfrage des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) waren 83 Prozent der befragten Journalist:innen in Deutschland schon von Gewalt betroffen (Quelle). Eine toxische Atmosphäre, die an der psychischen Substanz zehrt.

Mentale Gesundheit am Limit

Die Folgen dieser Entwicklungen sind dramatisch: Immer mehr Journalist:innen leiden unter Stress, Angst und Erschöpfung. Burnout ist längst keine Ausnahme mehr, sondern eine reale Bedrohung für die gesamte Branche. Laut der Studie fühlen sich 60 Prozent wegen beruflicher Überforderung ausgelaugt, 40 Prozent emotional erschöpft. Besonders jüngere Journalis:tinnen denken häufiger darüber nach, dem Beruf den Rücken zu kehren. Ein Alarmsignal, das nicht länger ignoriert werden darf.

Wege aus der Krise

Doch wie lässt sich gegensteuern? Ein erster Schritt ist, das Tabu zu brechen und offen über psychische Belastungen zu sprechen. Initiativen wie die "Helpline" bieten Journalist:innen eine anonyme Anlaufstelle bei Krisen. Es liegt jedoch nicht allein in der Verantwortung der Mitarbeitenden, sich mental fit zu halten; auch Organisationen, wie Medienhäuser sind gefordert, Verantwortung zu übernehmen und den Gesundheitsschutz ernst zu nehmen - von flexiblen Arbeitszeitmodellen über Supervisionsangebote, Workshops und Beratungen bis hin zu einer wertschätzenden Führungskultur.

Vor allem aber braucht es ein gesellschaftliches Umdenken. Journalist:innen erfüllen eine zentrale Aufgabe für die Demokratie. Sie zu schützen und zu unterstützen, liegt in unser aller Interesse. Denn nur wenn die Psyche der Medienmacher:innen nicht unter ständiger Belastung steht, kann wertvoller Journalismus entstehen, der uns allen dient. Es ist höchste Zeit, dass wir gemeinsam Lösungen finden - für einen Journalismus, der Bestand hat, und für Menschen, die ihn mit Herzblut gestalten.

Wir bei recreact unterstützen Organisationen dabei, die mentale Stärke ihrer Mitarbeitenden zu fördern. Nutzen Sie unser Kontaktformular, vereinbaren Sie noch heute einen Termin für ein Erstgespräch und erfahren Sie mehr über unsere App, Workshops und Personal Training für Mitarbeitende.

Hier finden Sie die vollständige Studie.

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Fitter Kopf und starker Körper: Krafttraining für ein gesundes Altern

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Ostern: Zeit der Entspannung oder Herausforderung für die mentale Gesundheit?